Digitalisierung und Kompetenzentwicklung im Controlling

Viele Controlling- und Finanzabteilungen automatisieren bereits sehr erfolgreich ihr Berichtswesen und die Unternehmensplanung. Durch die Automatisierung dieser Prozesse gewinnen Controller mehr Raum, um echte Wertschöpfung im Unternehmen zu betreiben, die Zahlen zu analysieren und zielgerichtete Maßnahmen vorzuschlagen. Für diese neuen Tätigkeiten benötigen die Mitarbeiter, die früher überwiegend mit der manuellen Datenaufbereitung in Excel beschäftigt waren, eine systematische Potenzial- und Kompetenzentwicklung, um diesen Change-Prozess zu meistern.

Wie genau das in der Praxis aussieht, erfahren Sie in dem spannenden Austausch zwischen Tino Schulz, Geschäftsführer von xax BERLIN und dem Competence Profiler und Autor Viktor Mendel.

 

Lieber Herr Mendel, bitte erzählen Sie uns ein wenig über Ihren Werdegang und Ihren jetzigen Tätigkeitsschwerpunkt:

Viktor Mendel: Nach 22 Jahren Unternehmenstätigkeit, im Zuge dessen ich unterschiedliche Managementpositionen im Bereich Finanzen innehatte, habe ich mich in die Selbstständigkeit begeben. Hierbei habe ich mich auf Kompetenzmanagement und moderne Mitarbeiterführung im Controlling spezialisiert.

Wie Sie mir auch aus Ihrer eigenen, langjährigen Erfahrung bei xax berichtet haben, ergeben sich für die Fachabteilungen teils neue Herausforderungen, nachdem die unternehmenseigenen Prozesse und KPIs definiert worden sind und die Entscheidung für die Einführung einer geeigneten BI- oder Finanz-Controlling-Software gefallen ist.

Tino Schulz: In der Tat bestätigen unsere Kunden immer wieder, dass ein gut funktionierendes Controlling für die Unternehmen ein Zusammenspiel von vielen Zahnrädern ist, die perfekt ineinandergreifen müssen, um am Ende aussagefähig und wirksam zu sein.

Technisch gesehen ist das manuelle Zusammenführen von Daten aus unterschiedlichen Quellen noch immer die größte Fehlerquelle. Denn für unterschiedliche Strukturen, Prozesse und Themen (z.B. Finanzcontrolling vs. Operatives Controlling vs. ERP) werden eigene, autarke Spezial-Werkzeuge eingesetzt. Um Ad-hoc Analysen und aktuelle Kennzahlen zu erhalten, müssen häufig Berichte aus der IT, dem Controlling und Finanzwesen zeitaufwendig zusammengeführt und erstellt werden. Diese manuellen Tätigkeiten fallen nach Einführung einer BI-/CPM-Lösung weitestgehend weg, da sie vom System übernommen werden. Controller haben somit mehr Zeit für die eigentliche Aufgabe als Business Partner.

 

Digitalisierung spart nicht nur Kosten. Sie ist der Schlüssel zu einem entspannten Arbeitsalltag und noch zufriedeneren Mitarbeitern. Wo genau setzen Sie hier an?

Viktor Mendel: Die Frage ist, wie ich die Mitarbeiter dazu bringe, nicht mehr in der Rolle des klassischen Datenerfassers zu sein, sondern die neue und dringend notwendige Position des Business Partners oder sogar des Change-Agents einzunehmen. Das heißt konkret, als Sparringpartner der Managementebene zu fungieren und entsprechend fundierte Entscheidungsvorlagen zu liefern. Die Mitarbeiter müssen „abgeholt“ und auf die zukünftigen Herausforderungen vorbereitet werden. Hier komme ich ins Spiel.

Die Einführung eines neuen Werkzeugs bedeutet für die Mitarbeiter oft eine große Veränderung, einen Change von ihrer gewohnten Arbeitsweise, die sie womöglich über Jahre oder Jahrzehnte ausgeübt haben. Meiner Erfahrung nach, sollten die Unternehmen diesen Wechsel nicht auf die leichte Schulter nehmen und darauf hoffen, dass die Mitarbeiter wie selbstverständlich die neue Rolle als Business Partner einnehmen.

In meinen 22 Jahren Berufserfahrung habe ich solche Transformationsprozesse oft begleitet. Für mein Buch „Kompetenzentwicklung im Controlling – Mit systematischer Personalentwicklung in der Digitalisierung und Globalisierung zum Erfolg“, das vor einigen Monaten beim Springer Verlag erschienen ist, haben mein Co-Autor und ich viele wissenschaftliche Studien durchgeführt, um zu untersuchen und bewerten zu können, welche Kompetenzen für Controller notwendig sind.

Das Ergebnis dieser Studien zeigt ganz klar, dass es heute bei Weitem nicht mehr ausreicht, dass Controller eine gute fachliche Kompetenz besitzen. Als Business Partner ist es hilfreich, wenn die persönlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen stark ausgeprägt sind.

Tino Schulz: Genau dies wird mir in 80 % meiner Expertengespräche von den Entscheidern im Unternehmen bestätigt. Sie wünschen sich, dass ihre Mitarbeiter die Rolle als zukunftsfähige Controller einnehmen, indem sie mehr Zeit für die Analyse der Unternehmenszahlen haben, um Prognosen erstellen und notwendige Maßnahmen ableiten zu können, statt den ganzen Tag Excel-Tabellen zu erstellen.

Nachdem eine professionelle Software für die Reporting-, Analyse- und Planungsprozesse erfolgreich implementiert wurde, werden wir bei xax im Rahmen vieler Projekte von den Entscheidern gefragt, wie nun die Mitarbeiter im Controlling auf das nächste Level gehoben werden können. Es geht also darum, die Geschäftsleitung bei der Erarbeitung und Implementierung der Geschäftsstrategie zu unterstützen, die Fachabteilungen in die neuen Prozesse einzuführen und als Sparringspartner einen wertvollen Beitrag für den Erfolg des Unternehmens zu leisten.

 

Wie gehen Sie hier vor, Herr Mendel?

Viktor Mendel: Als Erstes müssen wir uns die Frage beantworten, worum es eigentlich im Controlling geht. Das Controlling hat die Aufgabe, die notwendige Transparenz mit KPIs für die Geschäftsleitung herzustellen, um bei veränderten Situationen und Marktbedingungen rechtzeitig gegensteuern zu können. Für diese Transparenz braucht es neben einer passgenauen Software-Lösung auch ein kompetentes und zukunftsorientiertes Controlling. Aber was heißt das? Welche Kompetenzen brauchen die Controller von heute? Und wie bekommen die Controller die notwendigen Kompetenzen? Eine systematische Personalentwicklung ist hier unerlässlich.

Konkret erstelle ich im ersten Schritt zusammen mit dem Unternehmen ein Kompetenzmodell für den Bereich Controlling. Vereinfacht gesagt geht es dabei darum, eine Gegenüberstellung von den IST-Kompetenzen und SOLL-Anforderungen vorzunehmen. Der Mehrwert eines Kompetenzmodells besteht darin, dass es unabhängig von den aktuellen Mitarbeitern ist und über mehrere Jahre vom Unternehmen eingesetzt werden kann, um geeignete Kandidaten einzustellen und Mitarbeiter systematisch zu entwickeln.

Nach der Erstellung dieses Modells führe ich eine Kompetenz- und Potenzialanalyse bei den Mitarbeitern durch. Dabei geht es nicht nur um fachliche, sondern auch um persönliche und soziale Fähigkeiten und Verhaltensweisen.

Nachdem ich die fachlichen und die übergreifenden Kompetenzen aller Personen erfasst habe, ordne ich den Mitarbeitern individuelle Personalentwicklungsmaßnahmen zu. Diese persönliche Zuordnung führt zu einem maßgeschneiderten Kompetenzaufbau.

Dieses Modell der Kompetenzentwicklung habe ich in der Praxis schon vielfach mit großem Erfolg angewendet. So gelingt der Weg vom klassischen „Datenerfasser“ zum modernen Business Partner und Change Agent. Nach dieser erfolgreichen Transformation stellt das Controlling nicht nur ein Kostenfaktor dar, sondern trägt erfolgreich und nachhaltig zum Unternehmenserfolg bei.

Tino Schulz: Unsere Kunden werden von uns im Bereich Unternehmenssteuerung und Controlling ganzheitlich abgeholt. Die Personalentwicklung ist auch dabei ein wesentlicher Bestandteil. Ihr Angebot, lieber Herr Mendel, hilft den Entscheidern und kommt genau zur richtigen Zeit. Vielen Dank für den spannenden Austausch mit Ihnen.

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Mehr von Viktor Mendel erfahren Sie auf seiner Homepage www.viktormendel.de und in seinem Buch „Kompetenzentwicklung im Controlling – Mit systematischer Personalentwicklung in der Digitalisierung und Globalisierung zum Erfolg“: https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-29659-9#authorsandaffiliationsbook